Das dunkle Geheimnis der IT-Unternehmen
Ein Beitrag von Thomas Raukamp
Insgesamt 83 Unternehmen sollen bei ihrer Produktion direkt oder indirekt in China von Zwangsarbeit profitieren. Das recherchierte ein Bericht des „Australian Strategic Policy Institute“. Die überparteilich arbeitende Denkfabrik der australischen Regierung gründet ihre Informationen auf Listen von Zuliefern, Satellitenbildern und Medienberichten. Laut der Studie habe man 27 Fabriken in China ausfindig machen können, die im Zeitraum zwischen den Jahren 2017 und 2019 bis zu 80.000 Zwangsarbeiter, vornehmlich aus der chinesischen Minderheit der Uiguren, einsetzten. Zu den Kunden der Produktionsbetriebe gehörten zahlreiche Firmen der Modeindustrie, der Automobilbranche sowie namhafte IT-Unternehmen – darunter Apple, Amazon, Google, Microsoft und Samsung.
Menschenrechtsorganisationen werfen der chinesischen Regierung vor, bis zu eine Million Angehörige des Turkvolks in Internierungslager eingesperrt zu haben. Ehemalige Insassen berichten von Folter. Laut dem ASPI-Bericht werden die Inhaftierten gegen ein Kopfgeld an verschiedene Provinzen vermittelt, wo sie für Arbeiten eingesetzt würden. Im Falle einer Weigerung drohe die erneute Inhaftierung. Den Arbeitsplatz dürften die Beschäftigten nur unter Beobachtung verlassen.

Apple steht besonders im Blickpunkt des im März vorgelegten Berichts. Demnach gehören vier Produktionsstätten in China, die Zwangsarbeiter beschäftigen, zur Zuliefererkette des Unternehmens. Beim betroffenen Vertragspartner Foxconn etwa soll in Zhengzhou rund die Halfte der iPhone-Produktion stattfinden.
Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur „AFP“ verwies Apple auf vorherige Aussagen, wonach das Unternehmen bemüht sei, „die Würde und den Respekt“ jedes Beschäftigten sicherzustellen. Man arbeite eng mit den Zulieferern zusammen, um die eigenen hohen Standards zu gewährleisten.
Es war Tim Cook, damals noch direkt für das weltweite Geschäft Apples zuständig, der Anfang des Jahrtausends nicht zuletzt durch die Verlagerung der Produktionsstätten nach China dafür sorgte, dass dem iPod und später dem iPhone die bekannte Erfolgsgeschichte zuteil wurden. Seitdem landet das Thema der dortigen prekären Arbeitsbedingungen immer wieder auf Cooks Schreibtisch – völlig zu Recht. Und Apple versucht scheinbar angestrengt, etwa in Indien oder Vietnam ähnliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu finden – bisher ohne Erfolg. Denn mittlerweile ist der iPhone-Hersteller selbst von der Zuliefererkette innerhalb Chinas abhängig – vom riesigen Absatzmarkt ganz zu schweigen.
Ein Beitrag in der Mac Life vom April 2020
Thomas Raukamp ist Chef vom Dienst bei der „Mac Life“
