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Die A-Klasse – ein Flop

Präsentation der neuen A-Klasse vor der Presse

Athen 2004

In Piraeus (Athen) präsentierte Mercedes-Benz auf dem Clubschiff „AIDA-aura“ die neue A-Klasse der Baureihe 169 erstmals der Presse. Die zweite Generation des innovativen Kompaktfahrzeugs ist als viertürige Limousine und als zweitüriges Coupé lieferbar. Für den Ausbau des Werks in Rastatt, wo die A-Klasse produziert wird, hat DaimlerChrysler rund 900 Mio. Euro investiert und 1.600 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Der Aufwand war immens: Zur – wohlgemerkt – statischen Präsentation seiner neuen A-Klasse verfrachtete Mercedes über 500 Journalisten aus aller Welt nach Athen auf das Kreuzfahrtschiff Aida aura. Über den Sinn solcher Veranstaltungen kann man geteilter Meinung sein. Immerhin dürfte damit jedem klar sein, dass die Schwaben ihren neuen Auftritt in der Kompaktklasse für außerordentlich wichtig halten.

Athen als Austragungsort der olympischen Sommerspiele 2004 ermöglichte Mercedes-Boß Jürgen Hubbert den Brückenschlag zum Sport. Ausgerechnet der „Flop“, also der rückwärtige Hochsprung, musste als Vergleich herhalten. Diese Art, die Latte zu überqueren, zunächst belächelt, ist heute „state of the art“, nachdem sie seinem Erfinder Dick Fosbury zum Olympiasieg verholfen hatte. 

Die A-Klasse – ein Flop

Das neuartige Sandwich-Konzept der A-Klasse, so Hubbert, war 1997 in einer ähnlichen Situation wie die neue Hochsprungtechnik: Die Fachwelt beurteilte das Auto so skeptisch wie einst die Sportbeobachter den Flop. Und spätestens nachdem die A-Klasse, die bei der passiven Sicherheit neue Maßstäbe setzen sollte, an der aktiven Sicherheit bzw. dem Elchtest scheiterte, glaubten viele an einen Flop im negativen Wortsinne. 

Mercedes aber blieb der Idee treu, bekämpfte die Fahrwerksprobleme mit Straffung sowie ESP und verkaufte den zu Weltruhm gelangten Elchkipper bislang 1,1 Millionen Mal. 

Die A-Klasse also als Sinnbild für die Stärke, die einer gegen Widerstände durchgesetzten Idee entspringt. Vielleicht deshalb der Aufwand bei der Präsentation der zweiten Generation, die kein Elch mehr bremsen soll. Als nach einer Tanzperformance, die ballettartig sportliche Wettkämpfe und ihre Siege darstellte, das Tuch von den Autos auf dem Pooldeck gezogen wurde, war das Schiff vor der Insel Hydra zum stehen gekommen. 40 Meter unter der aufwändigen Inszenierung tummelten sich Delphine im Mittelmeer – ganz uninszeniert. Ein gutes Omen?

Bei der Konstruktion der A-Klasse II haben die Schwaben jedenfalls Vorsorge getroffen: Aus Kundenbefragungen wissen sie, dass der Vorgänger wegen seiner Sicherheit geschätzt, sein Federungskomfort aber auf wenig Gegenliebe stößt. Gleiches gilt für die bislang wenig ansprechende Anmutung des Innenraums. Das und noch Einiges mehr wollte Mercedes nun besser gemacht haben.

Größenwachstum ohne Mehrpreis

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Ob die neuen, sich um die Kante der Haube ziehenden Frontscheinwerfer und die riesigen Rückleuchten schöner sind als die Alten, muss jeder für sich entscheiden. Unstrittig ist hingegen, dass der Baby-Benz sofort als solcher erkennbar ist und das vom Vorgänger charakterstark eingeführte One-Box-Design spürbar modernisiert hat. 

Außerdem ist der Neue gegenüber dem Vorgänger ohne Klimaanlage nur etwa 230 bis 500 Euro teurer geworden (Vergleichsbasis lange Version), obwohl sie bei den Abmessungen deutlich zugelegt hat: Selbst die bisherige Langversion überragt der Neue noch um 12 Zentimeter an Länge (Breite: plus 4,5 Zentimeter). Das ergibt laut Hersteller fast zehn Zentimeter mehr für Schultern und Ellbogen sowie drei Zentimeter für die Kniefreiheit im Fond. Beim Kofferraumvolumen sollen es 15 Prozent Zuwachs sein. Damit käme die A-Klasse in der Standardkonfiguration auf fast 450 Liter. Das ist deutlich mehr als bei der Konkurrenz (BMW 1er 330 Liter, Golf 350 Liter):

Wie schon angedroht, gab es die neue A-Klasse nun auch als Zweitürer. Aber obwohl es anders aussieht: Die beiden Karosserieformen unterscheiden sich nur bei der Türenzahl. Die etwas flottere Linie des Dreitürers geht voll auf das Konto der Designer. Vorteil der fehlenden Türen: Die vorderen beiden können länger ausfallen und bieten so bequemeren Einstieg nach vorne. Nachteil der zwei Karosserieformen: Zwei zusätzliche Türen kosten nun 750 Euro Aufpreis.

Die erste Sitzprobe zeigt: Die Ergonomie ist mit den vielfältigen Einstellmöglichkeiten genauso gut, wie die Sitze selbst. Hinten bleibt auch dann ordentlich Knieraum, wenn vorne groß Gewachsene Platz genommen haben. So viel Platz wie in der alten langen A-Klasse mit ihrer verschiebbaren Rückbank ist aber nicht mehr. Dafür ist der Kofferraum üppig. Und der einfach höhenverstellbare Ladeboden macht richtig Spaß. Unter ihn passt in der höheren Stellung das Polster des ausgebauten Vordersitzes. 

Vorne verhindert die geringe wirksame Höhe der flach stehenden Frontscheibe ein luftiges Raumgefühl. Auch die Übersichtlichkeit ist eher bescheiden.

Ganz schön TAF?

Im Innenraum soll das Wohlfühlniveau im Inneren aber vor allem durch den „TAF-Faktor“ (Touch-and-Feel-Faktor) steigen. Die phantasievolle Abkürzung verweist auf die Verwissenschaftlichung des subjektiven Qualitätseindrucks. Die DaimlerChrysler-Ingenieure steckten potenzielle Kunden ins Labor und ließen sie Schalter sowie Oberflächenmaterialien nach haptischen Gesichtspunkten bewerten. Herauskommen sollte ein Interieur, das nicht nur gut aussieht, sondern sich auch so anfühlt.

Das hat funktioniert: Die geschäumten Oberflächen wirken wertig und sind griffsympathisch, das Lenkrad lädt zum Anlangen ein und das Handschuhfach schließt mit sattem Ton. Da glaubt der Kunde gerne, in einem gut verarbeiteten Mercedes zu sitzen.

Vom Elch-Kipper zum Kurven-Flitzer?

Wie schon beschrieben konnte die erste A-Klasse nach der Elch-bedingten Überarbeitung weder beim Komfort noch bei der Agilität glänzen. Der konzeptbedingt hohe Schwerpunkt und der im Sandwich flache Bauraum forderten ihren Tribut. 

Deshalb hat der neue eine maßgeschneiderte Hinterachseund speziellen patentierte Stoßdämpfer. Sie sind amplitudenabhängig variabel und sollen so das Ansprechverhalten auf den ersten Zentimetern Federweg verbessern. Zudem ist der Schwerpunkt des Neuen deutlich tiefer. Vom Bauteileaufwand ist die so genannte Parabelachse deutlich einfacher als die Mehrlenkerachsen der Konkurrenz. Durch ihr spezielles Konzept erwarten die Fahrwerkstechniker aber dennoch überragende Ergebnis. So kann die Achse beispielsweise konstruktionsbedingt in Längsrichtung sehr weich ausgelegt werden, ohne dass dies Einflüsse auf die Präzision der Radführung hat.

Größer und stärker

Beim Antrieb fährt Mercedes einen weiteren Angriff gegen BMW: Die neue Topmotorisierung des kleinsten Mercedes leistet nämlich 30 PS mehr als der neue kleine BMW.

Anders als die Bayern ziehen die Schwaben schon ihren stärksten Benziner für den Golf-Konkurrenten aus dem Ärmel. Ein gut zwei Liter großer aufgeladener Vierzylinder bringt 193 PS auf die Vorderräder – der stärkste 1er gibt 163 PS (120d) an die Hinterräder. Aber obwohl die Leistungsangabe an den 1,8er-Kompressormotor aus dem C 230 erinnert, ist die neue Power-A-Klasse ein Turbo – für einen Kompressor war kein Platz. 

Alle Motoren der neuen A-Klasse bekommen mehr Hubraum, leisten mehr und erreichen bessere Drehmomentwerte, sollen aber nicht mehr verbrauchen.

Das Leistungsspektrum der drei CDI-Dieselmotoren reicht von 82 PS bis 140 PS. Gegenüber dem Vorgängermodell ist der Hubraum von 1689 auf 1991 Kubikzentimeter vergrößert. Außerdem haben die Direkteinspritzer eine Common-Rail-Einspritzung der zweiten Generation mit doppelter Piloteinspritzung und höherem Einspritzdruck (1600 bar). Damit leistet der neue A 160 CDI 82 PS, der A 180 CDI 109 PS und der A 200 CDI 140 PS. Die Drehmomentwerte variieren zwischen 180 und 300 Nm. Alle Diesel schaffen die EU4-Abgasnorm. Auf Wunsch ist zudem ein Partikelfilter lieferbar, der die Ruß-Emissionen um weitere 99 Prozent reduziert. Er regeneriert sich ohne Zusatzstoffe und soll „über eine hohe Laufleistung wirksam“ bleiben. 

Die Benzinmotoren der neuen A-Klasse haben ebenfalls mehr Hubraum und dementsprechend mehr Leistung. Außerdem soll ein Schaltsaugrohr die Durchzugskraft im unteren Drehzahlbereich verbessern. Leistung und Drehmoment im Einzelnen:

Typ LeistungDrehmomentPreis DreitürerPreis Fünftürer
A15095 PS140 Nm17.632 EUR18.502 EUR
A170115 PS155 Nm19.140 EUR20.010 EUR
A200136 PS185 Nm20.532 EUR21.402 EUR
A200 Turbo193 PS280 Nmk.A.k.A.
A160 CDI82 PS180 Nm19.024 EUR19.894 EUR
A180 CDI109 PSk. A.20.532 EUR21.402 EUR
A200 CDI140 PS300 Nm24.302 EUR25.172 EUR

Sechsgang und stufenlose Automatik

Neues gibt es auch bei den Getrieben. So sind die stärkeren Dieselmotoren (ab A 180 CDI) und der Turbo-Benziner serienmäßig mit einer Sechsgangbox gekoppelt.

Und außerdem gibt es statt der eigenwilligen automatischen Kupplung jetzt auch eine stufenlose Automatik nach dem CVT-Prinzip („Continous Variable Transmission“). Wie alle Getriebe dieses Typs arbeitet sie mit einer kegelförmigen Antriebsscheibe und einem so genannten Schubgliederband, das kontinuierlich auf dem Kegel wandern kann, ist aber eine Mercedes-Eigenentwicklung. Vorteile: nicht spürbarer Wechsel auf die stets optimale Übersetzung und dadurch weniger Verbrauch sowie Geräusch, kein Schaltruck.